In Kindergärten und Grundschulen wird neuerdings das Phänomen einer verstärkten Schmerz-Sensitivität der kleinen Helden beobachtet. Selbst vermeintlich kleine Blessuren ohne Blutverlust oder Brüche führen zu schweren Traumata bei Kind und (im Anwesenheitsfall) Eltern. Erste Forschergruppen haben sich der Aufgabe angenommen, die neurologischen Ursachen für diesen alarmierenden Umstand zu ergründen. Sind nun zwingend hirnorganische Ursachen maßgeblich für Schrei- und Tränenattacken beim kleinsten Schreck, bei jedem Schmerz? Muß es immer gleich der Notarzt sein? Sind Schulhofrangeleien, Spielplatzunfälle oder der versuchte Totschlag mit Kinderschaufeln heute häufiger und intensiver als vor zwanzig Jahren? Nein. Es geht wieder einmal um Aufmerksamkeit – der kleine Racker ist sich, sobald Tränen fließen, der ungeteilten Aufmerksamkeit der anwesenden Erwachsenen sicher. Dabei sind es nicht nur die reflektierten und bemühten besorgten Eltern, die in diese Falle tappen. Selbst langjährig diensterfahrene Pädagogen gehen auf Nummer Sicher, greifen reflexartig zum Kühlkissen (Was ist da eigentlich drin?) und halten damit eine ganze Industrie auf der Erfolgsspur. Um einer grassierenden „Memmifizierung“ Einhalt zu gebieten, wäre in den meisten Fällen aber wohl eher ein „Fließt Blut? Nein? Dann geh‘ wieder spielen!“ angebracht. Nach einem kurzen Moment der Verwunderung wird in den meisten Fällen eine Spontanheilung einsetzen. Nur um möglichen Mißverständnissen vorzubeugen: Wirklich ernste Verletzungen müssen natürlich angemessen behandelt werden und verdienen auch die volle Aufmerksamkeit der verantwortlichen Erwachsenen. Die sind aber dankenswerterweise eher selten, denn die größten Gefahren sind eh meist schon ausgeschlossen: Kein Bäumeklettern, keine Seifenkistenrennen, keine Experimente mit Opas Hammer, Bohrmaschine oder Säge, was für eine freudlose Kindheit…

… ich glaube ich bekomme jetzt auch Schmerzen, und zwar im Kopf! Hole mir erst einmal ein Kühlkissen, tolle Erfindung soweit …