Ja ja, es geht (mal wieder) um Anglizismen in der deutschen Sprache!
Ich möchte mich nun nicht in die fast militante Gegnerschaft dieser – zugegeben – oftmals nervtötenden Unart einreihen. In manchen Bereichen haben diese aus dem Englischen übernommenen oder entlehnten Wörter durchaus ihre Berechtigung, sodass man dort sogar von Bereicherung der eigenen Sprache reden kann. In den allermeisten Fällen aber sind sie nur peinlich und überflüssig, z. B. bei Marketing-Gebrabbel oder BWL-Blabla.
All diesen Anglizismen ist aber eines gemein: dass sie relativ leicht als solche erkenn- und identifizierbar sind.
Es gibt aber auch noch die anderen – die heimlichen, die versteckten, die sich beinahe unbemerkt in unsere Sprache eingeschlichen haben. (mehr …)
Zu jedem Ferienbeginn und jedem Ferienende nimmt die Zahl „spontaner“ Krankmeldungen der Schulkinder für ein bis zwei Tage zu. Manchmal erfolgt die Entschuldigung durch die Eltern auch mündlich per Mobiltelefon mit einem unüberhörbaren Fahrgeräusch im Hintergrund.
Schulpflicht scheint sich zu einem eher dehnbaren Begriff zu entwickeln. Es ist auch nicht wirklich schlimm, mag man denken: An den letzten Tagen vor den Ferien wie auch an den ersten Schultagen passiert in der Schule nicht so viel, das Schuljahr ist gelaufen, die Zeugnisse sind geschrieben. Nach den Ferien ist der Kopf voll mit Eindrücken aus dem Urlaub, die Konzentration auf den Schulalltag fällt schwer. Also, warum nicht den günstigeren Flug buchen, einen Tag vor dem Stau in den Süden fahren?
„Mein Sohn/meine Tochter soll einen ehrlichen, aufrechten Charakter entwickeln und einen Platz im Leben und eine erfüllende, gut qualifizierte Arbeit finden!“ – Ich denke, dieser Aussage wird wohl jeder zustimmen können, der Kinder hat. Aber welches Bild vermitteln wir wirklich mit spontan auftretender Reisekrankheit? Kann ein Kind, insbesondere ein Grundschulkind, differenziert einschätzen, was wichtige und was unwichtige Schultage sind, oder entwertet diese Freiheit den Unterricht und damit auch Bildung insgesamt?! Wahrheit ist ein weiterer Wert, der auf der Strecke bleibt. Lügen sind in Ordnung, soweit sie meinen Interessen dienen. Sind die betroffenen Eltern sich wirklich bewußt, was sie durch ihr Vorbild auf diese Weise vermitteln?
Am 7. Dezember 2010 im Quickborner Tageblatt: Auf der Titelseite ein Artikel mit dem Aufmacher „Schulfrei – wohin mit den Kindern?“
Es wird über die Notbetreuung in der Schule berichtet: „Doch Mathe und Deutsch mussten die Kinder nicht über sich ergehen lassen.“ Wenn das das Bild von Schule und Lernen ist, welches wir in den Köpfen der Menschen verankern wollen oder schon verankert haben, erübrigt sich jede Diskussion über Lernbegeisterung und die Frage, wie Kinder Freude an Wissen und seiner Gewinnung erhalten sollen. Warum initiieren Zeitungen Projekte wie ZiSch (Zeitung in Schule), wenn das Bild der Schule und damit auch des Lernens sogar in den Ausgaben, die Schüler für ihre Projektarbeit erhalten, konsequent demontiert werden. Seit die offizielle Politik in Form des damaligen Spitzenpolitikers Schröder Lehrer als „faule Säcke“ geoutet hat, ist es offenbar opportun, das gesamte Umfeld von Schule schlecht darstehen zu lassen. So müssen wir uns dann nicht mehr wundern, wenn wir „ernsten, was wir säen“ (auch aus der Zeitung)…
Am 14. April 1912 gegen 23:40 begann der Untergang der Titanic. Bis zu diesem Ereignis hatten die Menschen in einer Ära uneingeschränkter Technikgläubigkeit gelebt.
Heute, fast einhundert Jahre später, erleben wir in Deutschland – trotz diesmal drohender Warnzeichen – ähnliche Phänomene: Deutschland, das Land der Dichter und Denker, der Tüftler (zumindest im Süden), Exportweltmeister und Motor in Europa, ebenfalls unsinkbar, unzerstörbar. Ist das so? Haben wir unseren Eisberg nicht schon lange getroffen? Sinken wir nicht schon, ist die Neigung des Decks nur noch nicht so groß, daß sich alles verschiebt? Oder ist unser goldenes Zeitalter ebenfalls am Ende, und wir weigern uns nur, das auch wahrzunehmen? Sie werden in diesem Blog keine extremistischen Heilslehren finden, keine Fremdenangst, keinen Populismus. Finden werden Sie dagegen Beobachtungen aus Schule, Wirtschaft und Gesellschaft.
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